Es darf weh tun

Veröffentlicht am 13. Juli 2020 um 19:50

Es darf weh tun

Du bist fort.

Du bist fort und… das zerreißt mich.

Alle sagen, du bist jetzt an einem besseren Ort, sagen, dass du Frieden gefunden hast, dass es eine Erlösung für dich war.

Und ich sitze hier, meine Gedanken ein finsterer Raum voller Leere und ich finde keine Tür.

Kein Licht am ende des Tunnels, keine Aussicht darauf, dass es… leichter wird.

 

Ich denke nicht, dass du erlöst werden wolltest.

Du. Wolltest leben.

 

Und ich war nicht da, habe nicht jede letzte Chance genutzt, um dein Leben zu erfüllen, dabei wusste ich, dass du gehen würdest. Plötzlich fühlt es sich an, als würde die Welt stehen bleiben, während sich alles rasend schnell dreht, die Welt, die Gedanken in meinem Kopf, der Alltag, der immer da war, so wie du, doch der Alltag geht weiter, hört nicht auf, sich zu drehen und du?

 

Ein Mensch voller Lebensfreude, ein Mensch, der so viel Liebe gegeben hast, so geliebt wurde, der ein Kämpfer war, ein Gentleman, ein Mensch, dessen größtes Leiden unter der Krankheit es war, dass er seiner Frau zum Valentinstag keine Rosen kaufen konnte, bist fort.

Weil trotz der Kraft deiner Liebe und deines Geistes, die Schwäche deiner Glieder ausreichte, ein ganzes Leben, in einem Moment, mit einem

 

SCHNIPP.

 

Zu beenden.

Und ich kann es nicht begreifen, werde es nie begreifen können, wie du gehen und wir bleiben konnten.

Wie ich es geschafft habe, glücklich zu sein, obwohl dein Grabstein kilometerweit, viel zu weit weg von mir ist.

 

Das Bild von dir steht vor mir, eingerahmt, du, im Anzug, ein edler Mann der du immer warst und immer bleiben wirst mit dem Menschen, der in Ewigkeit an deiner Seite sein wird, der dich bis zum letzten Atemzug gehalten hat und jeden einzelnen Tag für dich weiterleben und an dich denken wird.

 

Und ich sitze hier,

Tränen tropfen aufs Papier,

verfließen zu einem Tintenzug der sich zu Worten formt, Worten, die versuchen, diesen finsteren Raum in meinem Kopf mit Farbe zu füllen.

 

Ich brauchte viel Zeit, diese Zeilen zu verfassen,

musste es erst einmal dabei belassen,

Mut zu fassen

Und dich zu verlassen.

 

Die Erinnerung an dich, bittersüß, sie umhüllt mich. Mal wie zarter Blumenduft, der mir in die Nase steigt und den ich wohlwollend einatme, in mich aufnehme,

mal wie undurchdringlicher Nebel, der mich blind macht für alles um mich herum.

 

Und in diesen Momenten strecke ich hilflos die Arme nach dir aus, frei von Orientierung, und…

Da sind Hände, dich mich aus dem Nebel ziehen.

Arme, die sich um mich schließen,

Worte, die mir Trost schenken,

Ohren, die mir zuhören und vor allem…

Liebe. Dich mich weiterleben lässt.

 

Auch deine Liebe kann ich noch spüren und sie lässt mich weiterleben, erlaubt es mir, wieder glücklich zu sein, aber auch…

In den Momenten der Trauer zu versinken und mich im Dunkeln zu verkriechen.

 

Es darf weh tun.

 

Es darf weh tun und wer weiß, vielleicht muss es das ja auch. Jede trauert auf seine Art.

Für mich bedeutet der Schmerz nun auch Lebendigkeit, zeigt mir, wie sehr du mir noch immer fehlst und stets fehlen wirst.

 

Ich werde glücklich sein.

Und ich werde trauern.

 

Es darf weh tun.

 

Und ich bin so froh, mich dir noch so nah zu fühlen und auch, dass ich mich dem Schmerz nicht allein stellen muss.

Und vielleicht bist du jetzt an einem besseren Ort, erlöst von deinem psychischen Leiden und vielleicht vermisst du uns ja auch.

 

Die, die du liebst, die du zurück lassen musstest und ich weiß, du schaust jetzt gerade zu und hast ein Lächeln auf den Lippen während dir eine Tränen über die Wange rollt.

 

Doch, mach dir keine Sorgen Opi.

Auch du wirst wieder Farben sehen und wirst geliebt.

Sei glücklich und unbeschwert und vergiss dabei nicht:

 

Es darf weh tun.

 

Dankeschön

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