Ich bin´s, die Türklinke.
Es ist schon schlimm, ja wahrhaftig eine Schande, wie sie nach mir grabscht die ganze Bande,
nicht mal dazu im Stande, einfach mal Danke zu sagen.
Obwohl sie gereist sind durch alle Lande und doch eigentlich wissen müssten wie man sich benimmt.
Haben wohl zu oft gewonnen,
Jahrelang nur rumgesponnen,
die Hoffnung war verflossen und doch haben sie es irgendwie geschafft noch schöner, noch reicher, noch besser, noch schneller als alle anderen zu sein.
Prima, klasse Leistung, ihr könnt stolz auf euch sein!
Ihr habt ja keine Ahnung wie das ist, so zu sein wie ich.
Jeden Tag häng ich hier rum, immer bereit und niemand, wirklich niemand sieht mal auf mich herab und lächelt wohlwollend oder gar dankbar, oh nein. Ich hab echt schon alles gesehen. Manche gucken ganz angeekelt, wollen mich nicht mal berühren,
sorry, dass alle, die an mir vorbei kommen nur ihren Dreck abladen und weiterzieh´n.
Und kein einziger dreht sich um und fragt, wie es mir dabei geht.
Für andere bin ich unsichtbar, ich werd geschubst, ich wird gerüttelt und doch scheinen sie nicht zu merken, dass ich nur hier bin, um ihnen eine Tür zu öffnen. Und dafür könnten sie ja wohl mal ein klein wenig dankbar sein, nur ein Stück, sonst wird ich verrückt, manchmal denk ich, bin ich´s schon.
Denn auch wenn mir der Mund verboten ist, in mir drin, da kämpfe ich, jeden Tag. Ich sage mir, es ist okay, nur benutzt zu werden. Es ist okay, sich bedeutungslos zu fühlen, obwohl ich jeden Tag für Tag Türen öffne, Türen schließe.
Ich schließe die Tür zur Angst, zum Hass, zur Trauer und öffne sie für Freude, Hoffnung und Zuversicht.
Aber niemand dankt es mir. Es ist okay.
Dabei ist überhaupt nichts okay. Manchmal ist es nämlich richtig beschissen, da will ich nicht nur das Mittel zum Zweck sein, da will ich nicht stumm bleiben, da will ich am liebsten schreien:
EY! Ich bin´s, die Türklinke.
Tausend Brührungen jeden Tag, niemals Zeit für mich, immer für andere da sein.
Türen öffnen, Türen schließen.
Trockene Hände, feuchte Hände vor Aufregung oder Trauer. Weiche Hände, klebrige Hände von getrockneten Tränen.
Sie erzählen mir Geschichten, jeden Tag.
Türen öffnen, Türen schließen.
Ein zu fester Griff erzählt mir von Wut, ein sanfte Berührung erzählt mir flüsternd ein Geheimnis.
Aber niemand sagt danke.
Türen öffnen, Türen schließen.
Dabei bin ich für alle da und das will ich auch, ich bin ja auch nicht unglücklich, ich wünsche mir doch nur ein klein wenig Dankbarkeit.
Türen öffnen, Türen schließen.
Und wenn du dich auch so fühlst, als würden für dich alle Wege verschlossen bleiben, weil du zu sehr darin verloren bist, Türen für andere zu öffnen und zu schließen, dann bitte, wehr dich.
Tu es nicht nur für dich oder für mich, tu es für alle Türklinken der Welt.
Du weißt nicht wie? Das versteh ich. Ich habe auch lange nicht gewusst, mich stumm gefühlt und bin es auch.
Aber du nicht.
Also, wenn die nächste Berührung, die nächste Bande vorbeizieht, ohne Danke zu sagen, dann versuch´s doch mal damit:
Ey, ihr da! Ich bin´s, die Türklinke.
Und vielleicht versteht ja irgendwer auch, was das heißt.
Dankeschön
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